
By Jill Purce
German Translation of Sound in Mind and Body
Tattva Viveka, Darmstadt, May 1999
"Klangseminare mit Jill Purce sind eine erhebende Erfahrung. Jill lehrt das Chanten, Singen, Tanzen und Atmen so, daß man mit dem eigenen inneren Kern als auch mit den Schwingungen des Universums in Berührung kommt. Dieser Artikel basiert auf meinem Interview mit ihr."
- Satish Kumar
Mein besonderes Interesse an Klang erhielt ich wahrscheinlich schon im Mutterleib, da meine Mutter Pianistin und mein Vater Arzt war. Am meisten interessiert mich die heilende und transformierende Kraft von Klang. Meine Arbeit mit Klang begann ursprünglich, als ich die Standphotos zu einem Film über die Arbeit Hans Jennys sah, einem Schweizer Ingenieur und Arzt, der unter dem Einfluß der Arbeit Rudolf Steiners stand.
Er versuchte, die Wirkung von Klang innerhalb von Materie aufzuzeigen. Sein Lebenswerk bestand darin, zu demonstrieren, was in der Materie geschieht, wenn diese auf verschiedenste Weise beschallt wird, und er benutzte alle Arten von Substanzen. Er benutzte Flüssigkeiten, Pasten und fein vermahlenen Puder und setzte diese verschiedenen Klängen aus. Ich sah die Bilder, die auf Grund dieser Experimente entstanden. Ich sah die angehäufte, formlose Materie, die bei Kontakt mit Klang die präzisen und auserlesenen Muster bildete, die in der Natur anzutreffen sind. Und je länger der Klang aufrechterhalten wurde desto unterschiedlicher wurden die Muster. Dies war außerordentlich bedeutsam.Wenn Klang in der Lage ist, Formen und Muster in die Materie einzuführen, dannhat es mit Klang etwas sehr Wichtiges auf sich. Dies war der Auslöser für meine Forschung. Ich verschaffte mir Einblick in all die traditionelle Literatur, in der von der kreativen Kraft des Klanges die Rede war. Mir wurde klar, daß viele Traditionen dieses Thema gemeinsam haben und Klang als eine große Kraft im Universum betrachten.
Schöpfung durch Klang
Als ich begann, mir diese Traditionen näher zu betrachten, entdeckte ich, daß sogar unter relativ weit voneinander entfernten Völkern die Vorstellung besteht, daß die Welt an sich durch Klang entstand und auch weiterhin durch Klang entsteht, anders gesagt, daß das Entstehen ein sonores Ereignis ist. Dies läßt sich in der östlichen wie in der westlichen Welt feststellen. Man kann sich dies als metaphorische Beschreibung eines vibrierenden Universums vorstellen. Das bedeutet, daß der Mensch von jeher wußte, daß alles in der Welt seine Identität aus einer regelmäßig wiederkehrenden Bewegung erhält, und dies ist es, was die Dinge voneinander unterscheidet, ihnen Form verleiht. Im Johannes-Evangelium heißt es: "Am Anfang war das Wort, und das Wort war bei Gott, und Gott war das Wort". Beinahe identische Aussagen finden sich in der hinduistischen Tradition; der Anfang besteht also nicht nur aus Klang, sondern aus Sprache. In diesen Traditionen läßt sich feststellen, daß der Anfang nicht nur durch Klang und Wort entsteht, sondern durch die Zuordnung von Namen - wie z.B. in der Bibel, als Adam alles benennt. Wenn man etwas mit einem Namen versieht, hat es eine separate Identität, da es diesen und keinen anderen Namen besitzt, was bedeutet, daß es sich um etwas "Erkennbares" handelt. Auf diese Weise entstehen Sprache und Denken. So entsteht Schöpfung durch Schwingung, Schöpfung durch Sprache.
Will man die Welt technologisieren, so braucht man Sprache und Unterscheidungsmerkmale. Will man jedoch in der Gegenwart leben, will man beispielsweise "Baumheit" erfahren, muß man fähig sein, Benennung und Sprache beiseite zu lassen. Wenn wir einen Baum betrachten, sagen wir normalerweise "Baum" zu uns selbst. Sobald wir "Baum" sagen, erinnern wir uns daran, daß wir gestern vergessen haben, etwas Bestimmtes zu tun, sodaß wir es nun morgen tun müssen und so weiter - und unser Verstand beginnt, in seinen inneren Dialog abzudriften,in Assoziationen mit Baum aus Vergangenheit und Zukunft. In dem Augenblick, wo man etwas benennt, wird man in die Zeit hineingestoßen - es ist unmöglich, etwas zu benennen, ohne sich gleichzeitig in Vergangenheit oder Zukunft zu begeben. Möchte man sich nicht innerhalb der Zeit bewegen, im Sinne von Vergangenheit und Zukunft, sondern auf einer Wahrnehmungsebene mit "Baumheit" bleiben, so ist das nur dann möglich, wenn man den Baum nicht als solchen benennt, denn damit wird er als Objekt von der Person getrennt. Der Mensch kennt viele Methoden, den Verstand hereinzulegen, um im Wahrnehmungszustand "Baumheit" sein zu können oder zu "Baum-en".Man muß sich lösen von dieser Fertigkeit, die uns von Geburt an beigebracht wurde und für die wir gute Prüfungsnoten erhalten. Man muß fähig sein, sie je nach Bedarf zu nutzen oder eben nicht. Sonore Yoga-Arten sind auf genau diesen Zweck zugeschnitten. Entweder "zersplittern" sie die Aufmerksamkeit, indem diese so stark beschäftigt wird, daß man das Denken vergißt, oder sie erschaffen einen in sich geschlossenen Kreislauf der Aufmerksamkeit. Indem man gleichzeitig die Stimme einsetzt und dem selbst erzeugten Klang zuhört, wird man fähig, über den Dualismus der Sprache und das Getrenntsein von der Welt hinauszugehen. Wenn wir sehen, daß etwas anders ist als wir selbst und daß das, was anders ist als wir sich wiederum von anderen Dingen unterscheidet, so bringt diese Unterscheidung Sprache hervor. Die Trennung zwischen wir und nicht wir ist genau die Trennung, die alle Traditionen zu überwinden suchen, um einen Zustand der Einheit zu erlangen. Klang ist eine der wirksamsten Arten, um den Zustand der Trennung zu überwinden.
Die Entdeckung einer lebenden Tradition
Die magischen, heilenden Qualitäten von Klang waren in der Antike wohl bekannt. Sowohl die Ägypter als auch die Griechen und sicherlich die Inder waren sich dessen bewußt. Meine Absicht war, herauszufinden, in welchen Traditionen dieses Wissen noch erhalten war. So kam es, daß ich innerhalb der verschiedenen Traditionen Studien betrieb. Die tibetische Tradition ist der Ort, an dem ein genaueres Verständnis über den Gebrauch von Klang und Stimme erhalten blieb. Grund dafür war die eigentümliche Situation im Tibet, wo eine mittelalterliche spirituelle Kultur überlebt hatte. In unserer eigenen spirituellen Kultur gab es in vergangenen Zeiten gewisse Ähnlichkeiten, so wie Eremiten, die sich in Höhlen aufhielten und erstaunliche Wunder vollbrachten, aber dies ging im Zuge des sogenannten Aufklärungszeitalters natürlich gänzlich verloren. Im Tibet jedoch überlebte diese Tradition, vielleicht geographisch bedingt, vielleicht auch im Zusammenhang mit den seltenen atmosphärischen Bedingungen in den Höhenlagen des Himalaya. Im Tibet besteht seit vielen hundert Jahren eine hoch entwickelte Wissenschaft des Verstandes. In der Sprache der Tibeter findet sich eine große Anzahl von Worten, die auf die eine oder andere Art für "Verstand" stehen. Die Tibeter studierten über viele Generationen hinweg den Verstand.Über das menschliche Wesen sprechen die Tibeter auf dreifache Weise. Sie sprechen von Körper, Stimme und Verstand. Diese Bereiche sind an drei Orten angesiedelt. Die Lage des "Körpers" ist im Kopf. Die "Stimme" liegt in der Kehle und die Lage des "Verstandes" ist im Herzen. Für die Tibeter sind Verstand und Gehirn nicht identisch, wie dies in der westlichen Welt der Fall ist. So agiert die Stimme als Vermittler zwischen dem subtilen Bereich des Verstandes und dem eher physischen Bereich des Körpers. So wird sie als Brücke zwischen der materiellen und der nicht materiellen Welt angesehen.
Die Welt an sich entstand und entsteht auch weiterhin durch Klang
Wenn sich die Stimme befreien läßt, läßt sich der Mensch befreien, Sprache, Stimme, Klang und subtiler Atem oder Prana sind miteinander verbunden. Nicht nur die Tibeter betrachten Klang als eine Brücke - dies ist eine weitverbreitete Vorstellung. Zum Beispiel wird Klang oft als Vermittler betrachtet, der Geist in Materie überträgt und dann wiederum Materie in Geist, und zwar mit Hilfe des Menschen. Wenn Geist sich durch Klang in Materie verwandeln kann, dann kann sich Materie in Geist verwandeln, wiederum durch Klang. Fast überall und zu allen Zeiten wird Klang als Mittel verwendet, um zu Transzendenz zu gelangen - um die Materie in Geist zurückzuverwandeln. Dies läßt sich recht buchstäblich an der Tatsache beobachten, daß sich der Klang eines Objektes dafür nutzen läßt, dieses zu zerbrechen. Hört man beispielsweise dem Klang eines Weinglases zu und gibt den Klang an das Glas zurück, so läßt es sich mit der Stimme zerbrechen.Dies zeigt,daß sich Form durch Klang zersetzten läßt. Dies läßt sich auf physischer Ebene erreichen, aber Transformation läßt sich auch durch Klang, also auf spriritueller Ebene, hervorbringen.Die tibetische Tradition des Dzogchen zielt darauf ab, sich einem Zustand der Versenkung hinzugeben und aus innerer Integrität heraus zu leben, so daß die Auswirkungen jeder Handlung in der Klarheit des Augenblicks vergegenwärtigt werden. So daß wir leben, ganz so wie ein Fisch im Wasser. Wie auch beim Reiten auf der Welle des Tao hinterlassen wir keine Spuren und leben auf untadelige Weise, ohne Störungen zu verursachen. Ist man dazu aus irgendwelchen Gründen nicht fähig, so besteht eventuell eine Blockade oder Störung im Energiefluß oder irgendein mentales Problem, das davon abhält, dies zu tun. In dem Fall gibt es gewisse Dinge,die man tun kann,um sich dies zu erleichtern. Es gibt vielfältige Übungen dazu und Klang wird oft dafür eingesetzt, eine Zustand der Klarheit und Versenkung zu erlangen.
Mantra
Auch in Indien ist die Stimme ein wichtiges Werkzeug zur Transformation. Die vielleicht häufigste Form in Indien, die natürlich auch in Tibet üblich ist, ist der Gebrauch der Stimme bei Mantras. Mantras sind heilige Klänge, die in den uralten Sprachen bewahrt wurden, sogar in den Sprachen, die heute nicht mehr verstanden werden. Es gibt bestimmte Klänge für spezifische Krankheiten oder Probleme, die durch besondere Wesen verursacht werden, oder Mantras, die einen Zustand der Klarheit oder Leere herbeiführen. Durch andere Mantras bringt man sich in Einklang mit der Abstammung und Gesinnung von Lehrern, der man angehört. Nutzt man gewisse Klänge, die von den Meistern dieser Gesinnung gebraucht werden, so bringt man sich in Einklang mit dem von ihnen Erreichten und kann daran teilhaben. Man bringt sich in Einklang mit all den Menschen, die jemals dieses Mantra genutzt haben. Von Mantras wird in der ganzen Welt Gebrauch gemacht, so zum Beispiel beiden Sufis, den Mystikern des Islams. Sie verbinden verschiedene Artenmantrischer Sprechgesänge mit rhythmischen Körperbewegungen sowie mit rhythmischem Atmen, um einen Zustand transzendentaler Ekstase oder spiritueller Glückseligkeit zu erreichen. Die meisten Liturgien werden als Sprech-oder andere Gesänge abgehalten und dies trifft auch auf die Liturgien der christlichen Kirche zu. Die Sonntagsgottesdienste wie Kommunion sowie Morgen- und Abendandacht sind eine Art mitreißende spirituelle Bewegung, bei der gemeinsam Psalmen, Kirchenlieder, Anrufungen und Gebete gesungen und gesprochen werden. Auf diese Weise kommen alle Anwesenden in Einklang miteinander. Wechselt man vom Sprechen zum Singen, so geschieht etwas Interessantes. Durch das Singen kann man sich mit jedem verbinden. Daher besitzt jedes Land eine Nationalhymne.
Der Bereich des Schamanismus
Die großen Weltreligionen haben die indigenen schamanistischen Traditionen überlagert, die bereits viele hunderttausend Jahre zuvor existierten. Viele der sonoren Yoga-Arten aus Tibet und Indien gab es bereits lange vor dem Buddhismus. Sie waren von uralter Abstammung. Die genannten Übungen wie Sprechgesänge, rhythmische Körperbewegungen, rhythmisches Atmen und andere sind uralte Bräuche, die in die Weltreligionen aufgenommen wurden. Man findet hier Bräuche wie die Wirbelnden Derwische. Sie drehen sich in spiralförmigen Bewegungen, während sie dabei atmen und beten, in Verbindung mit der Stimme der Flöte, die der der menschlichen Stimme sehr ähnelt. Man sagt, daß der Körper eines Derwisch dem Körper einer Flöte gleicht, durch die Gott bläst.
Was ich unterrichte
Nachdem ich bei einer Reihe von verschiedenen Traditionen Studien betrieben hatte, entschloß ich mich irgendwann, selbst zu unterrichten. Es war mir nach und nach aufgefallen, daß bestimmte Ähnlichkeiten bestanden innerhalb der Prinzipien, die der Art zugrunde lagen, wie Klang benutzt wurde. Gewisse Dinge schienen weit verbreitet zu sein und es schien mir wichtig, diese gemeinsamen Prinzipien verstehen zu lernen, und sie auf eine Art und Weise zu unterrichten, die hilfreich sein könnte für Menschen, die sich von ihrer eigenen spirituellen Tradition entfremdet fühlten. Könnten wir verstehen, auf welche Weise sich unsere Stimme benutzen läßt, so würden wir profitieren von dem Wissen all jener, die dies vor uns bereits verstanden hatten und somit dieses wundervolle Werkzeug neu entdecken, das wir ständig mit uns führen. Meistens benutzten wir unsere Stimme vollkommen unbewußt, aber wir könnten sie auf eine Weise nutzen, die allen Traditionen bekannt ist - für unsere eigene Transformation.Wenn sich die Stimme befreienläßt, läßt sich der Mensch befreien. Die Stimme ist unsere Art des Ausdrucks.
Auf diese Weise rückt unser Atem ins Bewußtsein, und der Atem ist unsere Möglichkeit, mit der Welt in Austausch zu treten. Wir atmen die Welt in uns ein und wir atmen uns in die Welt hinaus, und dies ist eine dauerhafte Beziehung, die sich in erster Linie unbewußt abspielt. Die Benutzung der Stimme ist eine Art, sich dies bewußt zu machen. Wenn man weiß, was man tut, so kann man diese Beziehung vollkommen ändern. Ich unterrichte verschiedene Atemtechniken, denn atmen an und für sich ist eine von Präzision geprägte Kunstform. Je nachdem, in welchen Zustand man sich begeben möchte, welche Erfahrungen man machen möchte oder mit welchem Teil des Selbst man in Berührung kommen möchte, nutzt man unterschiedliche Atemtechniken. Das ist eine präzise Angelegenheit. Daher wird als erstes unterrichtet, wie man atmen soll. Zusätzlich versucht man, den Atem für Sprechgesänge zu verändern, und man nutzt Sprechgesänge, um den Atem zu verändern. Daraufhin versucht man dann, beides zu tun, um seine Wesensart dahingehend zu verändern, daß man über den inneren Dialog hinaus- und in die eigentliche Natur des Verstandes eintreten kann. Wenn man anstrebt, über das Denken hinauszugehen, muß man tiefer atmen. Normalerweise ist die Atmung schnell und flach, mit einer Tendenz zur Betonung des Einatmens. Nun ist schnelles, flaches, konzentriertes Einatmen gut geeignet für Rebirthing oder Arbeit mit Hyperventilation, oder wenn man Emotionen aufdecken möchte. Um über die Emotionen und den aktiv denkenden Verstand hinauszugehen, atmet man tiefer und arbeitet mit dem Ausatmen. Es gibt viele verschiedene Arten, den Atem zu verlangsamen und das gesamte Atmungsmuster zu verändern. Nach den Atemtechniken rege ich die Teilnehmer zum Zuhören an. Nicht nur die Klangerzeugung ist wichtig, sondern die Fähigkeit, darauf zu hören ist ganz wesentlich.
Man vollendet einen Kreislauf der Aufmerksamkeit und es ist genau dieser Kreislauf der Aufmerksamkeit, der es ermöglicht, über den denkenden Verstand hinauszugehen. Zweitens unterrichte ich die Teilnehmer darin, zuzuhören und gleichzeitig Klänge zu erzeugen. Anschließend unterrichte ich sie darin, wie man Klang nutzt, um sich von den Angstmustern zu befreien, die von jeder über die Wahrnehmung laufende Erfahrung ausgelöst und genährt wird. Jede Wahrnehmung regt eine Benennung an (Sprache und Denken) und damit zeitgebundene Vergleiche mit Vergangenheit und Zukunft. Unser Bedauern und unsere Befürchtungen schneiden uns augenblicklich von der Gegenwart ab. Die Beharrlichkeit dieser negativen Denkmuster beeinflußt zuerst unsere Emotionen und unsere Energie und bewirkt dann stoffliche Veränderungen an den Schwachpunkten des Körpers, die letztendlich pathologisch werden. Wenn man Klang nutzten kann, um mit dem morphogenetischen Feld einer Person zu arbeiten, anders gesagt mit dem Schwingungspotential deren eigener Gesundheit, dann ist es möglich, diese Person gesundzuerhalten. * Auf dieser Ebene arbeite ich, um das Instrument, das der Mensch im Grunde ist, zu stimmen. Eine Person gestimmt zu halten bedeutet, sie gesundzuerhalten. Es ist möglich, den eigenen Klang zu entdecken. Jede Person besitzt ihren eigenen Klang, der sich deutlich von dem anderer abhebt und ich führe Wege vor, die dies entwickeln und das Wesen als Ganzes in Resonanz versetzen. Dabei sollte die Stimme tiefer werden, vollkommen resonant und wesentlich volltönender, so daß der ganze Mensch bei Einsatz seiner Stimme zum Resonanzkörper wird. Dann unterrichte ich, wie man sich in den eigenen Klange hineinbegibt, um durch harmonisches- und Obertonsingen das Innere des Klanges zum Vorschein zu bringen.
Diese Art von Klangarbeit ist uralten schamanischen Ursprungs. Sie bringt den inneren Kern des Klanges in Form separater Noten hervor, die über und oberhalb der gesungenen Note liegen. Dies ist eine magische Erfahrung, sowohl allein als auch in der Gruppe.Man erhält den Eindruck, engelhafte Wesen heraufzubeschwören - die natürlich in der Antike und sogar im Mittelalter für sonor gehalten wurden. Da Zungenbewegungen direkt mit dem Denken verbunden sind, stimuliert man dabei gleichzeitig wenig genutzte Nervenbahnen, indem man die Zunge nutzt, um diejenigen Teile der eigenen Stimme zu differenzieren und hörbar zu machen, die zuvor indifferenziert und unbewußt waren.
Mein generelles Ziel
Mein Ziel ist kein bescheidenes. Ich sehe, daß zum jetzigen Zeitpunkt nichts Geringeres nötig ist als die Transformation der Menschheit, und ich werde alles in meiner Macht liegende tun, um diese Möglichkeit zur Wirklichkeit werden zu lassen. Da die Stimme ein Mittel zur Transformation ist , das wir ständig bei uns haben, ist sie eines der kraftvollsten und am ehesten verfügbaren für diesen Zweck. Meine Methode besteht darin, die Ohren der Menschen so zu öffnen, daß sie ihre eigene Stimme hören können. Dann kann die eigene Stimme zu einem Werkzeug der Transformation werden. Wenn ich von Transformation spreche, meine ich damit, daß wir unser Leben in Harmonie mit unserer Umgebung und mit anderen Menschen leben können und dabei dir Erhellung anderer erleichtern, die Erhellung des Lebens auf Erden.
Ein Experiment mit Kindern
Kürzlich unterrichtete ich an einer Sommerschule für Kunstlehrer. Wir sprachen darüber, daß sich die Zeit der Morgenandacht in Schulen für die Lehrer zu einer peinlichen Angelegenheit entwickelt hat. In den Schulen gibt es noch immer Morgenandachten und es bestehen recht strenge Anweisungen, daß sie die eine oder andere Art von christlichen Gebeten enthalten sollten. Den meisten Lehrern ist das peinlich, vorallem weil sie ihre Ausbildung in der humanistischen Periode des Modernismus durchlaufen haben. Sie wissen nicht, was sie mit diesem Zeitraum anfangen sollen, aber sie dürfen ihn auch nicht abschaffen. Das eigentliche Ziel der Andacht liegt darin, die Schüler und Lehrer der Schule auf etwas einzustimmen, daß höher ist als sie selbst, so daß die schulischen Aktivitäten harmonisch ablaufen und die Entwicklung der Kinder ungestört vor sich gehen kann. Daher ist dieser Zeitraum sehr wichtig und seine Bedeutung wurde im Grunde in einem Meer von Peinlichkeit ertränkt.
Peinlichkeit teilweise wegen der überwältigenden Welle des Humanismus, die als interessanter Trend innerhalb intellektueller Kreise begann, der jetzt allgegenwärtig ist, und auch wegen der Vermischung der Konfessionen und Kulturen, die heute an Schulen an der Tagesordnung ist.Wenn christliche Gebete gesprochen werden, sind diese unpassend für Hindus, Juden oder Moslems und als Resultat dieser Verwirrung ging die ursprüngliche Absicht verloren. Ich hatte die Idee, daß es möglich sein könnte, Schulen dazu zu ermutigen, die Andacht erneut als einen Zeitraum des aufeinander Einstimmens zu nutzen, indem Klang auf eine schon seit jeher bestehende Art genutzt wird, und dennoch in nicht konfessionsgebundener Form. Ich erwähnte dies dort verschiedenen Leuten gegenüber, und sie hielten es für machbar, zumindest innerhalb bestimmter Altersgruppen.
Dann legte ich diese Idee beiseite. Ich kam nach London zurück und in meinem nächsten Workshop fanden sich fünf Lehrer. Es schien, als ob ich in einem Moment die Absicht gehabt hatte, und diese sich gleich darauf verwirklichte. Es gab zwei Personen, die an Schulen im Norden Londons Musik unterrichteten, es gab eine Person, die im Stadtzentrum von London als Musikleiter tätig war, es gab eine Lehrkraft für geistig behinderte Kinder und einen Montessori-Lehrer, und all das in einem einzigen Workshop. Das überraschte mich dermaßen, daß wir begannen, diverse Möglichkeiten zu erörtern und ich sprach über meine Idee.Eine Woche später wurde ich eingeladen, an einer Grundschule im Norden Londons zu unterrichten.
Man hatte der Rektorin davon erzählt und sie war sehr interessiert. Die zwei Lehrkräfte der Klassen, die ich unterrichten sollte, Siebenjährige morgens und Zehnjährige nachmittags, sowie die Leitung der Musikabteilung, eine Aushilfskraft zur Unterstützung des Musikunterrichts an verschiedenen Schulen und diverse Interessenten nahmen an dem Experiment teil. Da dies meine erste Erfahrung im Unterrichten von Kindern war, fand ich die Anwesenheit so vieler Zuschauer recht beunruhigend. Und ich muß sagen, das Ganze war äußerst spannend. Die Kinder waren von Anfang an hoch konzentriert. Sie stellten ganz genaue, geniale Fragen. Sie stießen sofort auf den Kern der Sache. Sie wußten genau, worum es ging. Sie reagierten völlig spontan. Ich bat sie, ihre Erfahrungen zu beschreiben beim Hören verschiedener Arten von Klängen, Obertongesängen u.s.w., und was sie uns berichteten waren meiner Meinung nach eher Visionen als reine Beschreibungen. Ich hatte erwartet, daß sie einander imitieren würden, mit Bemerkungen wie, na ja, so ging es mir auch und ähnliches. Nicht die Spur davon. Jeder unterschied sich vom anderen und war dennoch in einer gemeinsamen Erfahrungsquelle verwurzelt.
Die Visionen der Kinder waren wahrhaft kosmisch und die Kinder selbst waren begeistert. Im zweiten Teil gab es eine Mal-Phase, in der sie das Erlebte malten. Die anwesenden Lehrer waren erstaunt über das, was vor sich ging. Sie sagten, sie hätten die Kinder noch nie so spontan erlebt. Kinder, die sonst selten etwas äußerten, sprachen nun über ihre Erfahrungen. Und das Unglaubliche geschah beim Malen. Auch ich hatte mit Malen begonnen, und es war sehr bewegend, die Bilder dieser Kinder zu betrachten. Aus der Dunkelheit heraus sprangen glänzende Regenbogenfarben, erschienen leuchtende Wellen und Strahlen mit Lichtkugeln, die im Raum schwebten. Ganz und gar außergewöhnliche Bilder - und selbst danach wollten die Kinder vor lauter Aufregung noch nicht aufhören, also fingen sie an, auch noch Gedichte darüber zu schreiben, die sie mir dann zeigten. Eines der Gedichte rührte mich zu Tränen. Auch die späteren Berichte der Eltern waren überraschend - sie erzählten, daß die Kinder voller Überschwang nach Hause kamen - schier berstend vor lauter Erlebnissen. Wenn es also möglich ist, dies schon im frühen Kindesalter zu Vorschein zu bringen, dann könnte es tatsächlich möglich sein, die Gesellschaft zu transformieren.
* ("In language to be healthy is to be sound - we talk about being sound in body and mind, to be of sound mind and to have ideas which ring true." Hier wird mit Worten gespielt, die sich so nicht ins Deutsche übertragen lassen: "sound" bedeutet soviel wie "Klang" aber auch "gesund", "solide". A.d.Ü.)